Ad-Blocker

Ad-Blocker

19. Oktober 2022

Werbung im Internet: Was kann man als Publisher gegen Ad-Blocker tun?

Kostenlos abrufbare Inhalte im Internet werden in aller Regel durch die Schaltung von Werbeanzeigen finanziert. Nicht nur große Medien- und Verlagshäuser monetarisieren so ihre redaktionellen Inhalte - es haben sich ganze Berufszweige entwickelt, deren Geschäftsmodell auf werbefinanziertem Content, Affiliate-Links und Partnerprogrammen basiert.

Die Werbefinanzierung funktioniert aber nur solange, wie die Werbung den Nutzer:innen auch angezeigt wird. Zum Problem für die Branche könnte die zunehmende Verbreitung von Werbeblockern, sog. Ad-Blockern, werden. In Deutschland sollen bereits 20-30 % der Nutzer einen solchen Werbeblocker verwenden. In der Folge sinken logischerweise auch die Umsätze der Publisher um einen entsprechenden Prozentsatz. Perspektivisch ist so das Geschäft mit Online-Werbung als Ganzes bedroht.

„Whitelisting“ von akzeptabler Werbung oder „Acceptable Ads“

Daher ist kaum verwunderlich, dass die großen deutschen Verlagshäuser die Anbieter von Ad-Blockern in den letzten Jahren regelrecht mit Klagen überzogen haben. Dabei wurde auch über eine Praxis gestritten, die es den Publishern eigentlich ermöglichen sollte, ihre Werbung auch für Nutzer mit aktiviertem Ad-Blocker sichtbar zu machen: Manche Anbieter von Ad-Blockern – namentlich der deutsche Marktführer „Adblock Plus“ des in Köln ansässigen Anbieters Eyeo GmbH – haben in ihrer Standardeinstellung eine sog. „weiße Liste“ aktiviert, auf der Webseiten enthalten sind, deren Werbung nicht aufdringlich und damit „akzeptabel“ ist, sog. „Acceptable Ads“. Dabei kommt es nicht auf die Anbieter oder Inhalte der Werbung, sondern auf die Gestaltung und Einbindung der Werbung auf der jeweiligen Webseite an. Auf diesen Seiten wird also dem Nutzer selbst dann Werbung angezeigt, wenn er einen Ad-Blocker aktiviert hat. Er kann die „Whitelist“ allerdings auch mit wenigen Klicks deaktivieren.

Jeder Betreiber einer Webseite kann beantragen, auf diese „Whitelist“ aufgenommen zu werden. Der Anbieter des Ad-Blockers prüft dann, ob die auf der Seite geschaltete Werbung den Kriterien der „akzeptablen“ Werbung entspricht, und schaltet diese anschließend frei. Kostenpflichtig ist dieser Prozess nur für „große“ Unternehmen. Ein Unternehmen gilt als groß, wenn es durch die Freischaltung der vorher blockierten Werbung 10 Millionen zusätzliche Werbeimpressionen pro Monat verzeichnet. Dann müssen 30 % der hierdurch erzielten Einnahmen als „Lizenzgebühr“ an den Anbieter des Ad-Blockers abgeführt werden.

Für kleinere Unternehmen ergibt sich also hier eine Chance: Sie können eine kostenlose Aufnahme auf die Whitelist erreichen, sofern die Werbung, die auf ihrer Webseite geschaltet wird, als „akzeptabel“ einzustufen ist. Das geht natürlich nur, wenn der jeweilige Anbieter ein diesem Modell von Adblock Plus vergleichbares Konzept anbietet.

Klagewelle gegen Ad-Blocker

Die großen Medien- und Verlagshäuser, allen voran der Axel Springer Verlag, waren mit Blick auf die von ihnen betriebenen Online-Portale wenig begeistert von der Idee, Unternehmen, welche Werbung auf ihren Webseiten zunächst blockieren, dafür zu bezahlen, diese unter bestimmten Voraussetzungen wieder freizuschalten. Der Vorwurf „moderner Wegelagerei“ wurde laut. Verfahren gegen Ad-Blocker als solche und das damit verbundene Geschäftsmodell des Whitelistings wurden und werden nach wie vor bei verschiedenen Landgerichten in ganz Deutschland anhängig gemacht. Geltend gemacht werden u.a. Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, gegen das Kartellrecht und das Urheberrecht sowie ein Angriff auf die Pressefreiheit. Der Erfolg dieser Bemühungen fiel unterschiedlich aus. Die Landgerichte in München (z.B. Urteile vom 27.05.2015, Az. 37 O 11673/14 und 37 O 11843/14, Klagen der Medienhäuser ProSiebenSat 1 und RTL) und Stuttgart (Urteil vom 10.12.2015, Az. 11 O 238/15, Klage der WeltN24 GmbH) hielten sowohl die Werbeblocker als auch das Modell eines bezahlten Whitelistings für grundsätzlich zulässig. In Frankfurt (Beschluss vom 26.11.2015, Az. 3-06 O105/15, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bzgl. „welt.de“ des Axel Springer Verlags) war man dagegen anderer Meinung, und untersagte den Vertrieb von Ad-Blockern. In Hamburg bestand sogar Uneinigkeit innerhalb der Senate, sodass eine Entscheidung zugunsten der Zulässigkeit von Ad-Blockern fiel (Urteil vom 21.04.2015, Az. 416 HK O 159/14), dann aber wiederum dem Axel Springer Verlag, in diesem Fall in Sachen BILD, Recht gegeben wurde (Urteil vom 01.12.2015, Az. 308 O 375/15). In letzterem Fall ging es jedoch thematisch um ein weiteres Programm der Eyeo GmbH, mit welchem wiederum eine auf Bild.de eingerichtete Sperre umgangen werden konnte.

Die Lage auf landgerichtlicher Ebene ist unübersichtlich, eine Tendenz der Rechtsprechung, die Praktiken des AdBlockings und Whitelistings für zulässig zu erachten, lässt sich jedoch klar erkennen.

Der Axel Springer Verlag durchlief inzwischen bereits den gesamten Instanzenzug mit einer Klage gegen die Eyeo GmbH. Das OLG Köln hat mit Urteil vom 24.06.2016 (Az. 6 U 149/15) differenziert und ein zunächst klageabweisendes Urteil des LG Köln (29.09.2015, Az. 33 O 132/14) zugunsten der Axel Springer AG abgeändert: Ein Ad-Blocker, der sämtliche Werbung blockiert, dürfe vertrieben werden, das Modell einer kostenpflichtigen Whitelist sei jedoch unzulässig. Während die Landgerichte eine Unlauterkeit von Ad-Blockern bis dato, wenn überhaupt, wegen einer gezielten Behinderung von Mitbewerbern i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG angenommen hatten, ist das OLG Köln einen anderen Weg gegangen: Das bezahlte Whitelisting sei eine aggressive Geschäftspraktik gem. § 4a UWG gegenüber den Werbekunden der Betreiber von Internetseiten. Die Begründung des OLG Köln weist allerdings einige Unstimmigkeiten auf und stieß auch in der juristischen Literatur auf Kritik. Der sodann von der Eyeo GmbH angerufene Bundesgerichtshof (BGH) erklärte daraufhin sowohl das Geschäftsmodell des AdBlockings als auch des Whitelistings für zulässig (BGH-Urteil vom 19.04.2018, Az. I ZR 154/16, „Werbeblocker II“). Einen Verstoß gegen Wettbewerbs-, Kartell- oder Urheberrecht konnte das Gericht nicht erkennen. Der BGH führte aus, dass es durch die Werbeblocker nicht zu einer gezielten Wettbewerbsbehinderung i.S.d § 4 Nr. 4 UWG kommen würde. Für eine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG fehle es auch an einer unzulässigen Beeinflussung der Nutzer, da keine Machtposition ihnen gegenüber ausgenutzt würde. Vielmehr entschieden die Internetnutzer selbstständig darüber, Werbeblocker zu verwenden oder nicht. Auch würde es weder zu direkter Einwirkung auf die Inhalte der Webseite kommen, noch würden Schutzvorkehrungen der Internetseiten gegen Werbeblocker umgangen werden. Der BGH sah in den Ad-Blockern auch keinen unangemessenen Eingriff in die Pressefreiheit, da durch den Einsatz von Programmen mögliche Abwehrmaßnahmen ergriffen werden könnten. Die vom Springer Verlag gegen das Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 22.08.2019, Az. 1 BvR 921/19). Der Springer Verlag konnte einen Eingriff in die Pressefreiheit durch die Adblocker nicht ausreichend darlegen, um das Gericht von einer Überprüfung zu überzeugen.

Auch RTL strengte ein Verfahren gegen die Eyeo GmbH und ihr Produkt AdblockPlus an und argumentierte insbesondere damit, dass das Geschäftsmodell unlauter und kartellrechtswidrig sei. Das LG München I und sodann das OLG München entschieden erneut zugunsten von Adblock Plus (Urteil vom 17.08.2017, Az. U 2184/15). Der sodann von RTL angerufene BGH - diesmal der dortige Kartellsenat - hat das Urteil des OLG München allerdings in weiten Teilen aufgehoben (BGH, Urteil vom 08.10.2019, Az. KZR 73/17, „Werbeblocker III“), wobei diesmal insbesondere eine Vereinbarkeit mit § 19 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) streitig ist, und zur Überprüfung an das OLG München zurückverwiesen. Eine dortige Entscheidung steht noch aus.

Die Ablehnung der Urteilsüberprüfung i.S. „Werbeblocker II“ durch das BVerfG stellt durchaus eine gewisse Zäsur im Streit um die AdBlocker dar und bestärkt Anbieter wie die Eyeo GmbH. Ein Ende der Auseinandersetzung ist damit aber noch nicht in Sicht. Insbesondere Verlags- und Medienhäuser wie der Springer Verlag haben bereits angekündigt, weiterhin gerichtlich gegen die Geschäftspraktik vorgehen zu wollen, welche für sie jährlich Millionenschäden verursache.

Fazit

Kleinere Unternehmen oder Selbstständige sollten sich also vorerst darüber informieren, ob sie sich bei den führenden Anbietern von Ad-Blockern möglicherweise kostenlos auf eine Whitelist aufnehmen lassen können. „Adblock Plus“ und „AdBlock“ haben eine gemeinsame Plattform geschaffen, die diesen Vorgang vereinfachen soll. Davon abgesehen besteht für sämtliche Webseitenbetreiber die Möglichkeit, die Besucher der eigenen Webseite zur Deaktivierung des Blockers für die Seite aufzufordern oder aber diese vom Besuch der Seite auszusperren.

Im Übrigen ist bereits jetzt zu bemerken, dass immer mehr Betreiber von Webseiten Bezahlschranken zur Finanzierung ihres Onlineangebotes einführen. Inwieweit die künftige Rechtsprechung bzgl. der Werbeblocker diese Entwicklung beeinflussen wird, bleibt abzuwarten.