Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJ) hat am 4. November 2020 einen Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ veröffentlicht. Ziel ist die Verbesserung des Schutzes vor unlauteren geschäftlichen Handlungen insbesondere im Kontext digitaler Geschäfts- und Marketingmodelle. Das heißt im Klartext: Mehr Transparenz für Verbraucher:innen bei werbendem Content auf Social Media Kanälen.

Besonders bedeutsam für Blogger:innen, Influencer:innen und digitale Content-Creator:innen ist eine Klausel, die das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ändert und die zu mehr Rechtssicherheit im Bereich der kommerziellen Kommunikation führen soll. Mit der Klausel wird klargestellt, in welchen Fällen bereitgestellte Inhalte als kommerziell erkennbar gemacht werden müssen. In der Vergangenheit wurde die Frage, wann Beiträge von Blogger:innen als „Werbung“ gekennzeichnet werden müssen, kontrovers diskutiert, Auftakt zu der Diskussion in der breiten Öffentlichkeit gab der Fall Vreni Frost.

Die Bloggerin Vreni Frost wurde ursprünglich vom Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) abgemahnt und aufgefordert, bestimmte Posts, die sie auf Instagram veröffentlichte, als Werbung zu kennzeichnen, weil sie Marken und Unternehmen verlinkt hatte. Frost wehrte sich gegen die Abmahnung, woraufhin der VSW Klage gegen sie erhob.

Das Berliner Landgericht gab dem Verband Recht und untersagte Frost mittels einstweiliger Verfügung, weiterhin Marken oder Unternehmen ohne Kenntlichmachung als Werbung zu verlinken. Begründet wurde diese Verfügung mit einem durch die fehlende Kennzeichnung liegenden Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Frost handele unlauter, da sie mit den Posts ein wirtschaftliches Interesse verfolge, diese Motivation den Leser:innen und Nutzer:innen von Instagram aber verborgen bliebe. Frost, genau wie sämtliche anderen Blogger:innen und Influencer:innen, kennzeichneten seitdem Posts, in denen Marken und Unternehmen genannt werden, konsequent als Werbung, unabhängig davon, ob mit dem Unternehmen eine entsprechende Vereinbarung zur kommerziellen Darstellung besteht oder nicht. Ergebnis war, dass jegliche Transparenz, was bezahlte „echte“ Werbung ist und was nicht, gänzlich verschwand.

Frost ging in Berufung und machte dem Kammergericht Berlin glaubhaft, keine Gegenleistung für die Posts erhalten zu haben. Das Kammergericht hob daraufhin die einstweilige Verfügung gegen einen der drei in Rede stehenden Posts auf und gestand Frost zumindest einen Teilerfolg zu. Das Urteil gilt jedoch seitdem als richtungsweisend, da aus der Begründung hervorgeht, dass nicht jeder Beitrag, in dem Marken oder Unternehmen verlinkt werden, Werbung ist und als solche gekennzeichnet werden muss, sondern vielmehr als redaktioneller Beitrag zur Information der Leser eingestuft werden kann. Verlinkungen von Marken und Unternehmen in einem redaktionellen Umfeld ohne Kooperation mit einem Unternehmen sind nicht zu markieren. Fehlt der Informationsgehalt für die Leser:innen und ist einzig erkennbarer Zweck, den Absatz der verlinkten Unternehmen anzukurbeln, sind die Posts als unmittelbare Werbung einzuordnen. Abzustellen ist wie so oft auf den konkreten Inhalt und die besonderen Umstände des Einzelfalls.

Trotz der Bedeutsamkeit des Urteils des Berliner Kammergerichts sind Unsicherheiten geblieben. Wieviel redaktioneller Inhalt und Informationsgehalt muss im Post zur Verlinkung der Marke oder des Unternehmens vorhanden sein? Ab wann ist ein Post nicht mehr als redaktioneller Beitrag, sondern als Werbung einzustufen?

Auch im Referentenentwurf des BMJ wird festgestellt, dass Urteile der Vergangenheit zeigen, dass „gesetzgeberischer Klarstellungsbedarf im Hinblick auf die Frage besteht, unter welchen Voraussetzungen Inhalte im Internet einem kennzeichnungspflichtigen kommerziellen Zweck dienen.“

Ziel des Gesetzesentwurfes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht ist hier Klarheit u.a. durch entsprechende Änderungen im UWG zu schaffen.

Um die Abgrenzung zwischen kommerzieller und privater Meinungsäußerung zu vereinfachen, wird die „geschäftliche Handlung“ in § 2 Abs.1 Nr.2 UWG-E neu definiert. Nunmehr muss diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Absatzförderung stehen, ein rein objektiver Zusammenhang reicht nicht mehr aus.

Die Regelung, die aber wohl auf den ersten Blick den weitreicheren Klarstellungsumfang hat, ist die Änderung in § 5a Abs.4 S.2 UWG-E. Die neu formulierte Vorschrift sagt, dass bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens kein kommerzieller Zweck anzunehmen ist, wenn der Handelnde hierfür kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung von dem fremden Unternehmen erhält. Eine „ähnliche Gegenleistung“ kann hier auch eine Provision, eine Pressereise, Kostenübernahmen oder Produkte, die von den Unternehmen zur Nutzung bereitgestellt werden, sein. Die Gegenleistung muss nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang liegen und kann auch über Dritte gewährt werden. Keine „ähnliche Gegenleistung“ ist der Effekt der Steigerung der eigenen Bekanntheit der Blogger:innen, da dies eine Maßnahme der Handelnden ist, die außerhalb der Kontrollreichweite der Unternehmen liegt. Auch die Hoffnung auf eine Gegenleistung reicht nicht aus. Allerdings kann eine vormals als nicht kommerzielle Handlung im Nachhinein als kommerziell eingestuft werden und damit der Kennzeichnungspflicht unterliegen, wenn eine Gegenleistung später hinzutritt.

Durch diese Änderungen soll ein „sicherer Rechtsrahmen für Handlungen von Bloggern und Influencern“ geschaffen werden. Für Empfehlungen von Waren und Dienstleistungen und die Nennung von Marken und Unternehmen, von denen nicht finanziell profitiert wird, soll nach dem neuen Gesetzesentwurf keine Kennzeichnungspflicht gelten.

Mit dem Gesetzesentwurf soll weiterhin mehr Transparenz im Online-Handel geschaffen werden. Betreiber:innen von Online-Marktplätzen müssen nun darüber informieren, ob es sich bei den Waren und Dienstleistungen Vertreibenden um Unternehmer:innen handelt, § 5b Abs.1 Nr.6 UWG-E. Darüber hinaus müssen die Parameter des Rankings und der Gewichtung bei der Suche nach Waren oder Dienstleistungen auf Online-Plattformen offengelegt werden, § 5b Abs.2 S.1 UWG-E.

Der Gesetzesentwurf sieht ferner eine Verschärfung der auf sogenannten „Kaffeefahrten“ anwendbaren Regelungen vor, insbesondere gelten verschärfte Informationspflichten. Medizinprodukte und Nahrungsergänzungsmittel dürfen auf den Fahrten grundsätzlich nicht mehr angeboten werden.

Grenzüberschreitende Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften sollen effektiver verfolgt und sanktioniert werden können und Verbraucher:innen sollen Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen erhalten.

Die Bundesländer und Verbände haben nun Gelegenheit bis zum 2. Dezember 2020 Stellung zu dem Gesetzesentwurf zu nehmen.