Widerruf

Widerruf

03. April 2018

Bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern ermöglichen die §§ 355 ff. BGB dem Verbraucher einen von ihm geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Das bedeutet, dass sich der Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen einseitig, also ohne Zustimmung des Unternehmers als Vertragspartner, vom geschlossenen Vertrag lösen kann.

Widerrufsrecht

Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers ergibt sich lediglich bei bestimmten Vertragstypen – zu den relevantesten gehören die folgenden Verträge:

Haustürgeschäfte

Zunächst besteht ein Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gem. §§ 312b, 312g, 355 ff. BGB. Ein prominentes Bespiel für solche Außergeschäftsraumverträge sind die sog. Haustürgeschäfte, bei denen ein Vertreter bei potentiellen Kunden klingelt und ihnen sodann seine jeweilige Ware anbietet. Da auf diese Weise zustande gekommenen Geschäften oft ein gewisser „Überrumplungseffekt“ innewohnt, soll dem Verbraucher dort die Möglichkeit gegeben werden, die so eingegangenen Verpflichtungen nachträglich zu überdenken und diese bei Bedarf rückgängig zu machen, falls er beispielsweise den abgeschlossenen Versicherungsvertrag nach einigem Nachdenken nun doch nicht für notwendig hält.

Fernabsatz

Auch bei Fernabsatzverträgen besteht gem. §§ 312c, 312g, 355 ff. BGB ein in der Praxis sehr relevantes Widerrufsrecht des Verbrauchers. Fernabsatzverträge sind Verträge, die ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommen. Hierunter fallen beispielsweise Kaufverträge im Versandhandel, die z. B. in Online-Shops oder am Telefon geschlossen werden. Das Einräumen eines Widerrufsrechtes ist bei solchen Verträgen dadurch motiviert, dass der Verbraucher beim Onlinekauf keine Möglichkeit hat, die Ware vor Abschluss des Vertrages in Augenschein zu nehmen und sie so auf ihre generelle Qualität, Geeignetheit oder etwaige Mängel zu überprüfen.

Verbraucherdarlehen

Bei einem Verbraucherdarlehensvertrag, also Verträgen, die ein Verbraucher als Darlehensnehmer mit einem Unternehmer, beispielsweise einer Bank, als Darlehensgeber schließt, besteht ein Widerrufsrecht gem. §§ 495, 356b BGB, um dem Verbraucher bei den typischerweise weitreichenden Verpflichtungen eines Darlehensvertrags einen besonderen Schutz zukommen zu lassen.

Die §355ff.BGB enthalten darüber hinaus noch einige weitere Vertragstypen mit besonderem Widerrufsrecht. Unter bestimmten Umständen kann das Widerrufsrecht in Ausnahmefällen ausgeschlossen sein, insbesondere bei den in § 312g Abs. 2 BGB aufgezählten Vertragsarten.

Abgesehen von den gesetzlichen Regelungen kann ein Widerrufsrecht stets auch von den Parteien vertraglich vereinbart werden. Dies ist in manchen Konstellationen eines Wohnungskaufs durchaus denkbar.

Widerrufserklärung

Besteht ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, muss er seinen Widerruf gegenüber dem Unternehmer mitteilen bzw. erklären. Diese Erklärung ist formfrei, was bedeutet, dass sie nicht schriftlich sein muss, sondern auch beispielsweise telefonisch erfolgen kann. Aus dieser Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers, sich vom Vertrag lösen zu wollen, eindeutig hervorgehen. Eine Begründung ist nicht erforderlich, § 355 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und fängt grundsätzlich ab Vertragsschluss an zu laufen. Bei Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzverträgen beginnt die Frist in der Regel sobald der Verbraucher die Ware erhalten hat, § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Widerrufsbelehrung

Der Unternehmer muss den Verbraucher allerdings über sein Widerrufsrecht belehren. Denn wenn der Verbraucher seine Rechte nicht kennt, kann er sie auch nicht ausüben. Tut er dies nicht oder fehlerhaft, so wird keine Frist in Gang gesetzt. Das Widerrufsrecht im Fernabsatz und bei Haustürgeschäften erlischt dann spätestens nach 12 Monaten und 14 Tagen, § 356 Abs. 2 BGB, bei neuen Immobiliardarlehensverträgen gem. § 356b BGB.

Besonderheiten bei Verbraucherdarlehensverträgen

Bei Verbraucherdarlehensverträgen gem. § 491 Abs.1 BGB ergeben sich einige Besonderheiten. Zunächst unterscheidet man zwei Arten von Verbraucherdarlehen: den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag und den Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag. Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind Darlehensverträge zwischen Unternehmer und Verbraucher, die entweder durch ein Grundpfandrecht wie z. B. eine Hypothek oder Grundschuld besichert sind oder dem Erwerb oder der Erhaltung eines Grundstückes oder eines Gebäudes dienen. Sämtliche sonstigen Darlehensverträge zwischen Unternehmer und Verbraucher sind sog. Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge.

Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge

Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen hat eine fehlende oder mangelhafte Belehrung über das Widerrufsrecht weitreichende Folgen: Die Widerrufsfrist beginnt gem. § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen, wenn der Unternehmer die in Art. 247 EGBGB normierten Pflichtangaben zum Vertrag gemacht hat. Dieser umfassende Katalog an Informationspflichten sieht unter anderem auch eine Widerrufsbelehrung vor. Fehlt nun also diese oder andere Informationen oder sind sie unvollständig, so beginnt die Widerrufsfrist erst mit der ordnungsgemäßen Nachholung. Unter Umständen kann so als ein Darlehensvertrag auch noch Jahre nach Vertragsschluss widerrufen werden, wenn sich Fehler in der Belehrung finden, die bisher nicht aufgefallen sind. Bekannt ist ein solcher später Widerruf eines Darlehensvertrages (zum Beispiel um eine Umschuldung auf ein günstigeres Angebot vorzunehmen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen) als sogenannter „Widerrufsjoker“. Die Widerrufsfrist beträgt im Falle einer Nachholung der Belehrung einen Monat.

Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen

Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen beginnt die Frist bei Fehlen oder Unvollständigkeit der Widerrufsbelehrung oder anderer Informationspflichten erst mit dem Nachholen dieser. Allerdings erlischt hier das Widerrufsrecht spätestens 12 Monaten und 14 Tagen nach dem Vertragsschluss. Diese Regelung wurde 2016 im Zuge der Umsetzung einer EU-Richtlinie eingefügt. Zuvor bestand auch hier ein „ewiges Widerrufsrecht“ bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung. Darüberhinausgehend hat sich der deutsche Gesetzgeber auch dazu entschlossen, die Regelung rückwirkend auf ältere Verträge auszudehnen. So ist das Widerrufsrecht bei sog. Altfällen, also Immobiliar-Darlehensverträgen, die zwischen dem 1.9.2002 und dem 10.6.2010 geschlossen wurden, seit Juni 2016 erloschen, Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB.

Rechtsfolgen

Besteht ein Recht zum Widerruf und wird er fristgerecht erklärt, so sind alle ausgetauschten Leistungen zurückzugewähren, also ist die gekaufte Ware zurückzusenden und der gezahlte Kaufpreis zu erstatten, wobei je nach Vertragsart auch hier Unterschiede in der Ausgestaltung bestehen. Bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen ergibt sich beispielsweise aus § 357 BGB unter anderem eine Frist von 14 Tagen, binnen der die Leistungen zurückgewährt werden müssen, während bei Darlehensverträgen gem. § 357a BGB eine 30-tägige Rückgewährfrist besteht.

Die Kosten für die Rücksendung der Waren trägt grundsätzlich der Verbraucher, § 357 Abs. 4 BGB. Verbreitet ist jedoch, dass der Unternehmer vertraglich die Übernahme der Kosten zusichert. Unter Umständen ist bei Wertverlust der gekauften Ware Wertersatz zu leisten, § 357 Abs. 7 BGB.

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