Beim Affiliate-Marketing bewerben Affiliates (Vertriebspartner der Anbieter) Produkte fremder Unternehmen auf ihrer Website und erhalten im Gegenzug eine Vergütung dafür. Dieses Instrument hat sich auch der Onlineversandhändler Amazon zu Nutze gemacht. Teilnehmer am Amazon-Partnerprogramm erhalten für jeden qualifizierten Verkauf eines Produktes, welches auf Amazon angeboten wird, eine Vergütung in Höhe von 1-12%. Amazon stellt dem Affiliate verschiedene Tools wie Links oder Widgets zur Verfügung, um Produkte auf Websites oder auf Social-Media Diensten zu integrieren. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich zuletzt damit auseinandersetzen, ob Amazon für Rechtsverstöße seiner Affiliates haftet.

Klägerin war eine Matratzenherstellerin, die ihre Produkte unter anderem auf Amazon-Marketplace verkaufte. Amazon-Marketplace ist eine Plattform, auf der Drittanbieter ihre Produkte neben den regulären Produkten von Amazon verkaufen können und somit Zugriff auf deren Kundschaft erhält. Ein Teilnehmer des Amazon-Partnerprogramms (im Folgenden: S) betrieb eine Website, auf der er die besten Matratzen des Jahres 2019 rankte. Die aufgezählten Produkte waren mit dem Button „Bei Amazon kaufen“ versehen – sog. Affiliate-Links. Nach Ansicht der Klägerin stellte dies ein wettbewerbswidriges Verhalten dar. Sie richtete sich mit ihrer Klage jedoch nicht gegen S, sondern gegen drei andere Beklagte: Den für den technischen Betrieb der Amazon-Website und des Partnerprogramms Zuständigen, eine Verkäuferin von Matratzen auf Amazon, die für den Versand der von S beworbenen Produkte zuständig war, und gegen den Betreiber von Amazon-Marketplace. Der BGH hatte die Frage zu klären, ob ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5, 5a Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) auch gegen die Beklagten besteht.

Der BGH stimmte den Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs weitgehend zu. Zumindest die Matratzenverkäuferin sei Mitbewerberin der Klägerin, auch an einem Wettbewerbsverstoß des S sei wegen der Nichtkenntlichmachung des kommerziellen Zwecks gem. § 5a Abs. 4 S. 1 UWG nichts auszusetzen. Schwerpunkt des Falles war die Frage, ob die Beklagten für die Handlung des S haften.
Die Beklagten hatten weder eine eigene Handlung vorgenommen oder Teilnehmervorsatz besessen noch Verkehrspflichten verletzt. Nach § 8 Abs. 2 UWG können dem Unternehmer jedoch Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter oder Beauftragten zugerechnet werden. Unternehmensinhaber sollen sich nicht hinter von ihnen abhängigen Dritten verstecken können. Diese Zurechnung hatte das Berufungsgericht noch abgelehnt, wogegen sich die Revision wendete. Der BGH schloss sich jedoch auch in diesem Punkt dem Berufungsgericht an. S sei nicht als Beauftragter der Beklagten anzusehen. Das Partnerprogramm sei in der Weise ausgestaltet, dass Affiliates allein durch Registrierung und Bestätigung der Bedingungen daran teilnehmen könnten. Eine Prüfung der Affiliates oder ihrer Internetseiten finde nicht statt. Diese würden selbstständig und weisungsfrei über die Gestaltung der Produktwerbung entscheiden, ohne Vorgaben durch Amazon zu erhalten oder zur Ausschließlichkeit verpflichtet zu sein. Aus diesen Gründen erweitere Amazon seinen Geschäftsbereich nicht in einer Weise, die auch die Affiliates umfasst. Weiterhin lagere Amazon dadurch nicht eigene Tätigkeiten aus. Das Unternehmen beherrsche weder den Risikobereich, in den die Zuwiderhandlung fällt noch hätte es einen Einfluss auf das Verhalten der Affiliates. Die Vereinbarung würde keine Vorgaben über das Ob und Wie der Tätigkeit umfassen. Allein der Umstand, dass die Möglichkeit der Kündigung und der Verhängung einer Vertragsstrafe besteht, reiche nicht aus. S sei kein Beauftragter des Beklagten.

Ob Unternehmen, die Partnerprogramme betreiben, für ihre Affiliates haften, ist also einzelfallabhängig. Haben die jeweilige Partner einen weiten Spielraum in Hinblick auf die Gestaltung, ist eine Haftung für Zuwiderhandlungen in der Regel ausgeschlossen.