Das Arbeitsgericht Berlin entschied, dass die Klägerin im zugrunde liegenden Fall Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat, da ihrer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein hoher Beweiswert zukommt. Der Arbeitgeber äußerte zwar Zweifel, da die Krankmeldung zeitlich unmittelbar auf einen abgelehnten Urlaubsantrag und die Kündigung folgte, konnte diese aber nicht hinreichend belegen.

Sachverhalt

Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Termin. Dies war ein Monat später. Die Klägerin bat den Beklagten, sie in diesem letzten Monat zu beurlauben, damit sie ihre Familie besuchen könne. Der Beklagte lehnte den Antrag aus betrieblichen Gründen ab. Kurz darauf meldete sich die Klägerin krank und legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses vor. Aufgrund der zeitlichen Nähe zwischen Urlaubsantrag, Kündigung und Krankmeldung bezweifelte der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und verweigerte die Entgeltfortzahlung. Die Klägerin erhob daraufhin Klage auf Zahlung des ausstehenden Bruttogehalts in Höhe von 2.110 Euro für den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit.

Entscheidung des Arbeitsgericht Berlin

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin gab der Klägerin Recht und stellte fest, dass ihr ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zusteht. Begründet wurde dies unter anderem mit dem hohen Beweiswert einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diesen Beweiswert kann der Arbeitgeber nur erschüttern, wenn er konkrete Umstände darlegt, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen. Im vorliegenden Fall verwies die Beklagte auf die zeitliche Nähe zwischen Urlaubsantrag, Krankmeldung und Kündigung sowie darauf, dass die Klägerin nahtlos eine neue Stelle angetreten habe. Das ArbG erkannte zwar an, dass die vorgetragenen Umstände Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit wecken konnten, insbesondere da die Diagnose einer Erschöpfungsdepression von einer Vertreterin der Hausärztin gestellt wurde und eine solche Diagnose normalerweise auf einer umfassenden und detaillierten Untersuchung beruhen sollte. Die Vernehmung der behandelnden Ärztin habe jedoch ergeben, dass die Klägerin tatsächlich krank gewesen sei. Die Vernehmung sollte insbesondere ausschließen, dass es sich bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um ein bloßes „Gefälligkeitsattest“ handelte. Die Ärztin schilderte jedoch eine ausführliche Untersuchung, die die Depression und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin glaubhaft machte. Das Gericht war davon überzeugt, dass die Erkrankung der Klägerin in direktem Zusammenhang mit den Anforderungen ihrer Arbeit stand. Die depressive Episode sei auf Stress und Konflikte im Arbeitsumfeld zurückzuführen. Auch die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses wurde von der Ärztin zutreffend begründet.

Relevanz für die Praxis

Das Arbeitsgericht Berlin betonte die Bedeutung der Beweiswürdigung im Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Auch wenn Zweifel an der Echtheit oder Notwendigkeit solcher Bescheinigungen bestehen, müssen diese durch konkrete Tatsachen untermauert werden. Die richterliche Überzeugung, dass die Klägerin tatsächlich arbeitsunfähig war, stützte sich auf glaubwürdige Zeugenaussagen und medizinische Befunde.

Mit dieser Entscheidung stärkt das Gericht den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die durch Krankheit an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert sind, und unterstreicht zugleich die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung von Zweifelsfällen.