Löscht ein/e Arbeitnehmer:in* wichtige betriebliche Daten, um sie dem Zugriff des Arbeitgebers zu entziehen, verletzt er/sie grundsätzlich eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Gleiches gilt für das Kopieren solcher Daten, wenn der Arbeitnehmer diese nicht herausgibt. Ob dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, ist jedoch im Einzelfall zu prüfen.

Zum Sachverhalt und dem Urteil in erster Instanz

Der Kläger war seit Oktober 2010 bei der Beklagten, einem Beratungsunternehmen, als Partner und Berater beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag verpflichtete ihn u.a. zur Verschwiegenheit und zur Herausgabe von betrieblichen Daten auf Verlangen oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Außerdem war es ihm untersagt, Kopien oder Abschriften dieser Daten anzufertigen.

Als Arbeitsmittel wurde dem Kläger ein Notebook zur Verfügung gestellt, auf dem verschiedene Programme installiert waren, darunter auch SharePoint. Jeder Mitarbeiter verfügte über einen One-Drive-Ordner auf SharePoint, auf den eine personenbezogene Zugriffsmöglichkeit bestand.

Im September 2020 einigte sich der Kläger mit einem neuen Arbeitgeber auf einen Arbeitsvertrag ab dem 1. Januar 2021. Der Geschäftsführer der Beklagten forderte ihn auf, die überlassenen Arbeitsmittel sowie den Büroschlüssel zurückzugeben. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach und erklärte die ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2020. Von der Beklagten veranlasste technische Untersuchungen des Laptops ergaben, dass der Kläger seit 2019 mehrfach Backups abgeschlossener Projekte auf eine externe Festplatte übertragen und zuletzt sämtliche E-Mails aus seinem Posteingang dauerhaft gelöscht sowie eine größere Datenmenge aus SharePoint entfernt hatte. Daraufhin kündigte die Beklagte dem Kläger am 13. und 14. Oktober 2020 außerordentlich fristlos.

Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der fristlosen Kündigungen. Die Beklagte hingegen machte Herausgabe-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche sowie die Erstattung der ihr entstandenen Ermittlungskosten geltend. Das Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg gab dem Kläger Recht, da kein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vorgelegen habe (Az. 4 Ca 356/20). Dagegen legte die Beklagte Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg ein (Az. 3 Sa 17/22).

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Das LAG Hamburg hielt die Berufung der Beklagten für unbegründet. Nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Arbeitsverhältnis außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein solcher wichtiger Grund liege nicht vor.

Der Arbeitnehmer sei zwar verpflichtet, die Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies nach seiner Stellung und Tätigkeit sowie nach Treu und Glauben verlangt werden könne. Deshalb sei es ihm untersagt, sich ohne Zustimmung des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen, diese ersatzlos zu löschen oder für betriebsfremde Zwecke zu vervielfältigen. Diese Pflicht habe der Kläger im vorliegenden Fall jedoch nicht verletzt.

Der Arbeitgeber habe nicht hinreichend dargelegt, dass er durch die Löschung keinen Zugriff mehr auf die betrieblichen Daten gehabt habe. Diese könnten noch in anderen Ordnern der Beklagten gespeichert sein, wobei nicht auszuschließen sei, dass es sich bei den gelöschten Dateien lediglich um veraltete Entwurfsversionen oder mehrfach heruntergeladene Dateien gehandelt habe. Das bloße Kopieren von Daten stelle einen wichtigen Grund dar, wenn die Daten dem Zugriff des Berechtigten entzogen oder rechtswidrig verwendet würden. Auch dies konnte die Beklagte nicht beweisen. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt pflichtwidrig die Herausgabe der externen Speichermedien verweigert, sondern diese in den Büroräumen der Beklagten belassen. Aus der Tatsache, dass der Kläger E-Mails an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet habe, könne kein Schädigungsvorsatz abgeleitet werden. Er habe die Daten nicht für Konkurrenzunternehmen verwenden wollen. Die vom Kläger gelöschten E-Mails beträfen überwiegend lange zurückliegende und abgeschlossene Sachverhalte sowie offensichtlich private Angelegenheiten. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit diese Informationen für die Beklagte noch von Bedeutung sein könnten.

Darüber hinaus lehnte das Gericht auch die Schadensersatzforderung der Beklagten in Höhe von 91.000 € ab. Diese Aufwendungen seien nicht erforderlich gewesen, um etwa drohende Nachteile aufgrund konkreter Verdachtsmomente abzuwenden. Erst die Entziehung der Daten aus dem Verfügungsbereich der Beklagten mit dem Ziel einer anderweitigen Verwendung habe einen solchen Anspruch nach § 280 BGB ausgelöst.

Fazit

Das LAG beschreibt in dieser Entscheidung ausführlich die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung im Umgang mit betrieblichen Daten und zeigt auf, dass es bei der Beurteilung auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Nicht jede Löschung, Weitergabe oder Kopie von betrieblichen Daten rechtfertigt eine Kündigung. Kündigungsgrund ist in solchen Fällen die Verletzung der Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens und die Gefahr, dass Wettbewerber durch den Zugang zum Know-how profitieren. Es ist also zu hinterfragen, ob es dem Arbeitnehmer überhaupt darauf ankam, das Unternehmen zu schädigen und ob die Daten für das Unternehmen von Bedeutung sind. Wann dies der Fall ist, hat die Rechtsprechung in mehreren Urteilen klargestellt: Löscht der Arbeitnehmer kurz vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen Adressen, Termine und Kundenkontakte oder überträgt er Kundendaten auf seine private E-Mail-Adresse, so kann er außerordentlich gekündigt werden.