Am 8.12.2021 entschied das Bundessozialgericht (BSG), dass der Weg vom Bett zum Arbeitsplatz gesetzlich versichert ist, auch wenn dieser sich in der eigenen Wohnung befindet (Urt. v. 8.12.2021 – B 2 U 4/21 R). Bei einem Sturz auf diesem Weg muss also die gesetzliche Unfallversicherung greifen.

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Der Kläger hatte sich 2018 bei seinem Gang zum häuslichen Büro, welches sich eine Etage tiefer befand, durch einen Sturz auf der Treppe einen Brustwirbel gebrochen. Als er bei der beklagten Genossenschaft Handel und Warenlogistik eine Kompensation forderte, lehnten diese einen Anspruch ab. Laut ihnen würde der Versicherungsschutz in einer Privatwohnung erst bei Erreichen des Arbeitszimmers greifen.

In der ersten Instanz sah das Sozialgericht den Weg zum Homeoffice noch als versicherten Betriebsweg, das Landessozialgericht als zweite Instanz stufte den Weg jedoch lediglich als eine ungesicherte Vorbereitungshandlung ein. Nun bestätigte das BSG in Kassel die Entscheidung der ersten Instanz und bestätigte, dass der Weg vom Bett zum Arbeitsplatz versichert ist. Denn der Weg ins Homeoffice würde bereits der erstmaligen Arbeitsaufnahme dienen und sei deshalb eine Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers.

Durch die Entscheidung wurde der Treppensturz zu einem Arbeitsunfall, der als ein Unfall auf dem Betriebsweg zu versichern ist. Denn auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden, unmittelbaren Weges gilt als versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Nach der Verordnung über Arbeitsstätten gelten die gleichen Regelungen auch für Telearbeitsplätze. Unter einem Telearbeitsplatz ist nach § 2 dieser Verordnung ein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich der Beschäftigten zu verstehen. Das Treppensteigen dient somit auch der erstmaligen Arbeitsaufnahme und ist ferner dem Interesse des Arbeitgebers zuzuordnen.

Besonders im Angesicht der aktuellen Corona-Pandemie würden vermehrt Menschen im Homeoffice arbeiten. Der Kläger argumentierte, dass es nicht zu einer Schlechterstellung des Versicherungsschutzes allein aufgrund des Homeoffice kommen dürfte.

Dies sahen die Richter in Kassel genauso und entschieden, dass als Leistung der Unfallversicherung Behandlungskosten und möglicherweise sogar Rentenzahlungen gefordert werden können. Vielmehr besteht durch die Neuregelung ein Versicherungsschutz „im gleichen Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmerstätte“. Wichtig ist hierbei nur eine zusammenhängende „Handlungstendenz“ zwischen Handlung und Arbeit. Bei sogenannten „Wegeunfällen“, die auf dem Weg zum Arbeitsplatz erfolgen, welcher sich außerhalb der Wohnung befindet, muss jedoch auch weiterhin für das Eingreifen des Versicherungsschutzes die private Außentür überschritten werden.

Neben der aktuellen Pandemie und dem Ziel der neuen Koalition, flexiblere Arbeit zu ermöglichen, ist das Urteil des BSG ein konsequenter Baustein. Denn auch im Homeoffice gilt es, die nötige Sicherheit der Arbeitnehmer zu garantieren.

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