Eine Entscheidung aus dem Jahr 2025 des Bundesgerichtshofs hat den Blick erneut auf das Influencer-Marketing gelenkt. In einem Urteil vom 31.07.2025 hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Schutz von Verbrauchern bei Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern von Hyaluronsäure-Behandlungen im Gesicht zu befassen. Der Gesetzgeber hatte in den vergangenen Jahren angesichts des erheblichen Aufschwungs des Influencer-Marketings verschiedene Regelungen verabschiedet, um Verbraucherinnen und Verbraucher* vor unlauteren geschäftlichen Handlungen auf Social-Media-Kanälen besser zu schützen.
Zu diesem Zweck wurde insbesondere das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht am 10.08.2021 verkündet, das am 28.05.2022 in Kraft getreten ist und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geändert hat.
Hiermit wurden Influencer dazu verpflichtet, Werbung gegenüber Verbrauchern entsprechend zu kennzeichnen. Dazu stellt § 5a Abs. 4 UWG fest, dass das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks einer geschäftlichen Handlung unlauter ist, es sei denn, dieser ergibt sich unmittelbar aus den Umständen und das Nichtkenntlichmachen hat keinen Einfluss auf die Entscheidung des Verbrauchers. Da Werbung eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstellt, muss sie kenntlich gemacht werden, wenn sie einen kommerziellen Zweck hat. Gemäß § 5a Abs. 4 UWG wird bei einer solchen werbenden Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers der kommerzielle Zweck – also der Erhalt oder das Versprechen eines Entgelts oder einer ähnlichen Gegenleistung – vermutet. Um den kommerziellen Zweck der Werbung zu bestreiten, muss der Handelnde beweisen, dass er ein solches Entgelt nicht erhalten hat.
Außerdem sieht das UWG eine Informationspflicht vor, wonach alle wesentlichen Informationen über die Ware oder Dienstleistung unmittelbar und leicht für den Verbraucher zugänglich sein müssen.
Darüber hinaus sieht § 9 UWG vor, dass Verbrauchern ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, wenn sie durch eine unzulässige geschäftliche Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wurden, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Bei besonders weitreichenden Verstößen kann gemäß § 19 UWG die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden.
Daneben wurden auch Vorschriften im Heilmittelwerbegesetz (HWG) geändert, das die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens regelt. Mit Blick auf Influencer-Marketing werden Pflichten und Verbote beim Werben für Arzneimittel und Medizinprodukte statuiert, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
In dem BGH-Urteil vom 31.07.2025 hatte sich das Gericht mit dem Schutz von Verbrauchern vor unlauteren geschäftlichen Handlungen insbesondere im Kontext des Influencer-Marketings zu befassen.
In dem besagten Fall warb eine Praxis, die ästhetische Gesichtsbehandlungen anbietet, auf einer Social-Media-Plattform mit Vorher-Nachher-Darstellungen von Patientinnen und Patienten, die sich einem Eingriff mit Hyaluronsäure-Unterspritzungen unterzogen hatten. Hiergegen war ein Verbraucherschutzverein vorgegangen und hatte die Praxis zunächst abgemahnt.
Die zentrale Frage war, ob in sozialen Medien mit Vorher-Nachher-Darstellungen für Nasen- oder Kinnkorrekturen durch Hyaluronunterspritzung geworben werden darf. In erster Instanz musste sich das OLG Hamm im Kern mit der Frage auseinandersetzen, ob das Verfahren des Unterspritzens auf Basis von Hyaluronsäure ein operativer plastisch-chirurgischer Eingriff im Sinne des Heilmittelwerberechts ist. Von dieser Auslegung hing die Anwendung der Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ab.
In einer Entscheidung vom 29.08.2024 hat das Gericht diese Frage bejaht, mit der Begründung, dass solche Eingriffe zu erheblichen Gesundheitsschäden führen könnten, obwohl sie nicht medizinisch notwendig sind, und dass kein Anreiz durch vergleichende Darstellung des Körperzustands oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geschaffen werden solle. Die Werbung verstoße daher gegen § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG. Nach Auffassung des OLG Hamm war es gerechtfertigt, eine weite Auslegung des Begriffs des operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs vorzunehmen, sodass solche Eingriffe in den Anwendungsbereich des Werbeverbots des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG einbezogen werden. Dies entspreche dem Zweck dieses Werbeverbots, die Bevölkerung vor Gesundheitsschäden und Risiken zu schützen.
Das OLG Hamm wies außerdem darauf hin, dass dieses Werbeverbot mit Vorher-Nachher-Darstellungen alle operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe erfasse, sofern sich nicht aus der jeweiligen Werbung selbst ergibt, dass der Eingriff auf einer medizinischen Notwendigkeit beruht. Dies war in dem vorliegenden Fall nicht gegeben.
Daher hat das OLG Hamm die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, mit Vorher-Nachher-Bildern zu werben.
Die Beklagte legte gegen diese Beurteilung Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies im Urteil vom 31.07.2025 die Revision zurück. Er bestätigte die Auslegung des OLG Hamm des Begriffs „operative plastisch-chirurgische Eingriffe“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c HWG.
Außerdem wies der BGH darauf hin, dass die Entscheidung des OLG Hamm keine Grundrechte der Beklagten verletze. Die Beklagte war der Meinung, dass sowohl ihre Berufs- als auch ihre Meinungsfreiheit verletzt seien. Laut BGH sind die Einschränkungen der Freiheiten der Beklagten gerechtfertigt, weil sie einem gewichtigen Gemeinwohlzweck, nämlich dem Gesundheitsschutz, dienen und das Werbeverbot verhältnismäßig und damit rechtmäßig ist.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH den Verbraucherschutz gestärkt und Grenzen für das Influencer-Marketing gesetzt. Unternehmen und Influencerinnen sollten sich vor geplanten Kampagnen über die rechtliche Dimension der Maßnahmen informieren und beraten lassen, um kostenintensive Gerichtsverfahren zu vermeiden.