Verhandlungen begegnen uns überall im Leben und die Grundstruktur ist meistens sehr ähnlich: Die eine Partei bietet etwas an, das die andere Partei gerne möchte. Sei es ein Investment, eine Arbeitsstelle, eine Sache, eine Dienstleistung oder, oder, oder. Hinter dieser Kernfrage der Verhandlung entfaltet sich aber ein Geflecht von Interessen. Insbesondere da die Interessen vielschichtig sind.

Beide Parteien verfolgen eine ganze Menge Interessen, die es zu einer Übereinkunft zu bringen gilt.

Bei einem Investment in ein Start-Up beispielsweise ist das Interesse des Start-Ups typischerweise eine möglichst hohe Bewertung zu erhalten, das Interesse der Gründer oft möglichst wenig gebunden zu sein (ein lockeres oder kein vesting), keine Verwässerungsschutzklauseln und kein double-dip bei der Liquidationspräferenz. Das Interesse des Investors ist es hingegen, die Gründer möglichst gut an das Unternehmen zu binden, sicherzustellen, dass das benötigte geistige Eigentum im Start-up liegt und sein Investment so gut wie möglich zu schützen und bei einem Exit profitabel zu machen.

Bei anderen Vertragsverhandlungen kann das Geflecht deutlich schwieriger sein. Beispielsweise, weil die Rechtsabteilung eines Unternehmens andere Ziele verfolgt als die Einkaufsabteilung und diese wiederum andere Ziele als der eigentliche Ansprechpartner in der Marketingabteilung, der den Wert der künftigen Zusammenarbeit zu schätzen weiß und dafür kämpft.

Das von Roger Fisher und William Ury erarbeitete Harvard-Konzept bietet ein Konzept mit einigen Grundprinzipien, um die Interessen der Verhandelnden möglichst gut zu einer Win-Win Situation zu führen. Die Beachtung der nachfolgenden fünf Punkte können helfen, Verhandlungen erfolgreicher zu führen.

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I. Behandeln Sie Menschen und Interessen getrennt voneinander

So einfach es klingt, so wichtig ist es: Suchen Sie bei jedem Verhandlungspartner nach den Interessen, die sein Handeln leiten. Nicht von der Person und den größeren oder kleineren Sympathien ablenken lassen: Konzentrieren Sie sich auf Ihr Interesse. Man fühlt sich schnell persönlich angegriffen und sucht nach persönlichen Motiven für die Position des Gegenübers („Der macht das doch nur, um mich...“, „die will das doch gar nicht und nutzt mich nur aus“, „der will doch nur, dass ich denke...“). Versuchen Sie diese Gedanken vom Verhandlungsergebnis zu trennen.

II. Konzentrieren Sie sich auf Interessen, nicht auf Positionen

Jeder Verhandlungspartner vertritt Positionen. Das können Forderungen sein oder mehr oder weniger bestehende Ansprüche oder Einwendungen. Dahinter verborgen stecken aber Interessen. Das können abstrakte Machtinteressen oder auch ganz konkrete Interessen im Einzelfall sein. Je mehr dieser Interessen Sie erkennen, desto besser werden Sie die nächsten Schritte durchführen können.

III. Entwickeln Sie Optionen für gemeinsames gewinnen

Ihr Verhandlungspartner und Sie - beide haben Interessen. Und in den allermeisten Fällen sind beide Interessen legitim. Nun geht es darum, Lösungsmöglichkeiten vorzubereiten, die möglichst viele Interessen bedienen. Ihr Gegenüber wird keine Lösungen akzeptieren, die seine Interessen unberücksichtigt lassen. Es ist wichtig, Optionen zu entwickeln, die wertungsfrei sind. Machen Sie sich klar, welche Optionen überhaupt denkbar sind. Nur dann bietet dieser Schritt einen echten Mehrwert.

Die Frage lautet also: Welche Ergebnisse sind überhaupt denkbar?

IV. Bewerten Sie Ihre Optionen anhand objektiver Kriterien

In Verhandlungssituationen ist es wichtig, dass man nicht überrumpelt wird und die Alternativen entsprechend vorbereitet hat. Ich empfehle Verhandlungsoptionen in Interessen zu zerlegen und zu priorisieren, um im Vorfeld ein Gefühl dafür zu bekommen, ob sie in Frage kommen oder nicht. Wir fertigen meist eine Übersicht in Form einer Tabelle an. Jede Spalte steht für ein Interesse und trägt wieder verschiedene Optionen in sich.

V. Entscheiden Sie nach objektiven Kriterien

Das ist schwer. Aber machbar. Sie müssen Ihre Entscheidung messbar machen. Zwingen Sie sich daher dazu, auf der Grundlage von objektiven Kriterien zu entscheiden und zwingen Sie Ihren Verhandlungspartner dies auch zu tun. Lassen Sie Ihre Gefühle außer Betracht. Es gibt viele Strategien dafür. Die Vorteile liegen auf der Hand: Gute Beziehungen zwischen den Parteien bleiben erhalten. Im Idealfall erhalten beide Parteien genau das was sie benötigen. Benötigen beide dasselbe, wird es entweder fair geteilt oder hart in der Sache verhandelt. Je fairer die Verhandlung läuft, desto zeiteffizienter läuft die Verhandlung, da nicht auf Positionen herumgeritten wird.


Gerne verhandeln wir für Sie oder beraten Sie zur effektiven Verhandlungsführung. Kontaktieren Sie uns.