Außerordentliche Kündigung

Außerordentliche Kündigung

04. März 2021

Die außerordentliche Kündigung ist der Extremfall im Kündigungsszenario. Sie kommt zum Einsatz, wenn man eigentlich nicht kündigen kann, weil kein sachlicher Grund im Sinne von § 1 KSchG vorliegt oder die anwendbare Kündigungsfrist nicht eingehalten wird und das Festhalten am Vertrag aber aus wichtigen Gründen nicht zumutbar ist und deshalb eine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unerlässlich ist. Im Arbeitsrecht können außerordentliche Kündigungen sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Grundsätzlich ist die außerordentliche Kündigung an keine Frist gebunden und kann damit fristlos ausgesprochen werden. Dem Kündigenden steht es aber frei, die außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist zu versehen, dann muss aber deutlich gemacht werden, dass es sich nicht um eine ordentliche Kündigung handelt.

Eine außerordentliche Kündigung ist ausgeschlossen, wenn die zu kündigenden Person schwanger oder in Elternzeit ist, also den Schutz von § 9 Abs. 1 MuSchG oder § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG genießt. In besonderen Fällen kann die zuständige Behörde aber in Einzelfällen die Kündigung für zulässig erklären. In jedem Fall ist vor Aussprache der Kündigung in einem solchen Fall bei der zuständigen Behörde ein entsprechender Antrag zu stellen (hierbei ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB einzuhalten).

In bestimmten Fällen gibt es zusätzliche Zustimmungserfordernisse, die erfüllt sein müssen, bevor die außerordentliche Kündigung wirksam ausgesprochen werden kann. Dies ist der Fall bei der Kündigung einer schwerbehinderten Person. Existiert ein Betriebsrat, bedarf es dessen Zustimmung. Auch der interne Datenschutzbeauftragte genießt Abberufungs- und Sonderkündigungsschutz.

Vorliegen eines wichtigen Grundes

Eine außerordentliche Kündigung ist nur möglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gem. § 626 Abs. 1 BGB. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn der oben beschriebene nicht haltbare Zustand vorliegt, der dem Kündigungswilligen das Einhalten der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen unzumutbar macht. Eine solche Kündigung muss dann innerhalb von zwei Wochen, nachdem der Kündigungswillige von dem nicht akzeptablen Zustand erfahren hat, ausgesprochen werden. Die Prüfung ob ein wichtiger Grund, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, vorliegt, erfolgt in zwei Schritten:

Zunächst ist zu prüfen, ob der Zustand generell einen wichtigen Grund zu einer außerordentlichen Kündigung hergibt, so dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu einer etwaig vereinbarten Beendigung (Befristung) des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Danach wird eine konkrete Interessenabwägung vorgenommen: Hier sind sämtliche individuelle Umstände in die Betrachtung miteinzubeziehen. Damit ist es aber auch nicht möglich, abschließend Gründe aufzuzählen, die zur außerordentlichen Kündigung in jedem Fall berechtigten.

Bei den Gründen, die ganz grundsätzlich einen wichtigen Grund darstellen können, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigten, kann man wie bei der ordentlichen Kündigung auch zwischen verhaltensbedingten, personenbedingten und betriebsbedingten Gründen unterscheiden.

Personenbedingte außerordentliche Kündigung

Personenbedingte Gründe sind Umstände, die in der Person des Gekündigten liegen und die geeignet sind, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Dies ist zum Beispiel der Fall bei fehlender Arbeitserlaubnis, in Extremfällen bei Krankheit, gravierender Minderleistung oder Arbeitsverweigerung, Trunkenheit am Steuer bei Kraftfahrern oder ähnlichen Berufsgruppen oder eine Untersuchungshaft oder Freiheitsstrafe. Es gilt immer zu wiederholen, dass es keinen abschließenden von der Rechtsprechung anerkannten Katalog an Gründen gibt. Auch jeder dieser Umstände bedarf im Einzelfall einer Prüfung.

Verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung

Eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung kommt zunächst immer dann in Betracht, wenn eine Person ihre arbeitsvertraglichen Pflichten massiv verletzt. Eine solche Pflichtverletzung muss beharrlich sein, das heißt, sie muss zeitlich ins Gewicht fallen. Damit ist gemeint, dass die Person die übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht erbringen will. Es genügt gerade nicht, dass Weisungen des Arbeitgebers vereinzelt ignoriert werden. Es muss eine wiederholte Ignoranz von Anweisungen vorliegen, so dass man davon ausgehen muss, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten liegt indes auch immer dann vor, wenn über geleistete Arbeitszeit getäuscht wird. Einen anderen Bereich stellen Störungen des Vertrauens aufgrund spezifischen Verhaltens dar. Die Annahme von Schmiergeldern und Bestechung fallen in diese Kategorie und können ein Grund zur fristlosen Kündigung darstellen. Auch die Geschäfts- und Rufschädigung kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das gleiche gilt für einen Verstoß gegen das allgemeine oder ein vertraglich vereinbartes spezielles Wettbewerbsverbot.

Strafbare Handlungen stellen das extremste Verhalten dar, welches zur fristlosen Kündigung rechtfertigt. Aber auch hier gilt, nicht jedes strafrechtlich relevante Verhalten stellt einen Grund für eine fristlose außerordentliche Kündigung dar. In Betracht kommen Beleidigungen oder falsche Verdächtigungen, Eigentums- und Vermögensdelikte, Körperverletzungen sowie vorsätzliche falsche Angaben im Prozess gegen den Arbeitgeber. Bei sämtlichem Verhalten geht es um einen Bezug zu insbesondere dem Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden. Bei strafbaren Handlungen außerhalb des Dienstverhältnisses sind an den Kündigungsgrund erhebliche Anforderungen zu stellen. Eine fristlose Kündigung ist immer nur dann gerechtfertigt, wenn erhebliche und berechtigte Zweifel daran bestehen, dass die betroffene Person aus diesem Grund nicht mehr als ausreichend zuverlässig und zur Erfüllung der Arbeitsleistung geeignet angesehen werden kann. Entscheidend ist also die Qualität der strafbaren Handlung, ob dies Auswirkungen auf die vertragliche geschuldete Leistung hat, dies richtet sich insbesondere auch nach dem Wirkungskreis der betroffenen Person.

Betriebsbedingte außerordentlichen Kündigung

In besonderen Ausnahmefällen kann eine Betriebseinstellung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies ist aber nicht der Normalfall. Denn die außerordentliche Kündigung muss immer ultima ratio sein. Auch schwere Verstöße gegen die betriebliche Ordnung können, aber nur nach Abmahnung, eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dann muss im Einzelnen nachgewiesen werden, dass es zu einer Störung des Betriebsfriedens oder der Betriebssicherheit gekommen ist.

Ultima ratio

Wie bereits mehrfach erwähnt, ist die außerordentliche, fristlose Kündigung das letzte Mittel, um auf Missstände zu reagieren. Sämtliche zur Verfügung stehenden, möglichen und angemessenen milderen Mitteln, dürfen wegen Unzumutbarkeit nicht in Betracht kommen. Immer muss man sich fragen, ob mit der Kündigung das erstrebte Ziel überhaupt zu erreichen ist und ob es ein milderes Mittel, welches zum gleichen Ergebnis käme, gibt. Der ordentlichen Kündigung ist dabei immer der Vorrang zu geben. Eine Abmahnung ist ebenfalls immer als das mildere Mittel anzusehen. Das bedeutet, dass wenn das Ziel bereits mit einer Abmahnung zu erreichen ist, scheidet eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich aus. Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt grundsätzlich ohne die Aussprache einer Abmahnung nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Hier ist auch eine Zukunftsprognose relevant, bei der geprüft wird, ob aus dem Verhalten in der Vergangenheit Schlüsse auf zukünftiges Verhalten gezogen werden können, die Auswirkungen auf die Auswahl der geeigneten Mittel zum Umgang mit diesem Verhalten geben.

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